Der 1989 vom französischen Segler Philippe Jeantot ins Leben gerufene Segelwettbewerb Vendée Globe ist zur Regatta der Superlative geworden, dem ultimativen Hochseerennen.
Dessen Parcours und Konzept sprechen für sich: Dieses Einhandrennen muss ohne Zwischenstopps oder Hilfestellungen von aussen bewältigt werden. Es ist der weltweit längste sportliche Wettkampf und sicherlich einer der schwierigsten.
Dominique Wavre bricht am 10. November 2012 zu seiner vierten Vendée Globe auf, was ein neuer Rekord darstellt. Die bisherigen sechs Austragungen erzählen Geschichten reich an seefahrerischer Mystik und Hochseeabenteuer der vergangenen dreiundzwanzig Jahre.
1989 – 1990
Titouan Lamazou gewinnt die erste Austragung vor Loïck Peyron nach einem maritimen Heldenepos und sagenhaften 109 Tagen und 24’000 Seemeilen auf See. Lamazou, der nicht nur Segler sondern zugleich auch noch Poet und Schriftsteller war, ging bis aufs Äusserste und warf alle überzähligen Segel und nicht benötigtes Material bei seiner Rückfahrt den Atlantik hinauf über Bord, um Gewicht zu sparen. Peyron beendet dreissig Stunden später ein ebenfalls fantastisches Rennen, nachdem er zuvor Philippe Poupon das Leben gerettet hatte. Dritter wird unter grossem Applaus Jean-Luc Van den Heede. Sagenhafte zwei Monate später beendet Jean-François Coste an Bord von Cacharel seine erste Vendée Globe an Bord der Pen Duick III von Eric Tabarly.
Klassement der Auflage 1989 – 1990
- Titouan Lamazou (Fra, Ecureuil d’Aquitaine II) : 109T 8S 48’ 50’’
- Loïck Peyron (Fra, Lada Poch) : 110T 01S 18’ 06’’
- Jean-Luc Van den Heede (Fra, 36.15 MET) : 112T 01S 14’ 00’’
1992 – 1993
Alain Gautier, der entlang des Genfersees ein alter Bekannter ist, gewinnt die zweite Auflage der Vendée Globe vor Jean-Luc van den Heede und Philippe Poupon dank einer herausragenden Vorbereitung, eines neuartigen Segelbootes und perfekter seglerischer Leistung. Doch diese Auflage der Vendée Globe ist vor allem geprägt von Dramen aller Art, und das Publikum erhält einen Einblick in die Härte dieses Rennens.
Bereits vor dem Start verschwindet der Amerikaner Mike Plant auf mysteriöse Weise, kurz darauf ereilt dasselbe Schicksal auch den Briten Nigel Burgess, welchen man schliesslich ertrunken vor Kap Finisterre auffindet. Bertrand De Broc, der sich im Südpazifik Verletzungen zuzieht, muss sich vor einem Spiegel und unter Funkanweisungen des Flottendoktors Jean-Yves Chauve selbst die Zunge nähen. Fünf von insgesamt vierzehn Teams brechen das Rennen ab.
Klassement der Auflage 1992 – 1993
- Alain Gautier (Fra, Bagages Superior) : 110T 02S 22’ 35’’
- Jean-Luc Van Den Heede (Fra, Groupe Sofap-Helvim) : 116T 15S 01’ 11’’
- Philippe Poupon (Fra, Fleury-Michon X) : 117T 03S 34’ 24’’
1996 – 1997
Die Vendée Globe wird zum Heldenepos. Sieger Christophe Auguin erklärt: „Man beendet eine Vendée Globe nicht, ohne von ihr zu tiefst gezeichnet worden zu sein. Ich werde Monate brauchen, um wieder zu einem normalen Leben an Land zurückkehren zu können.“
Fünfzehn Konkurrenten – sowie der „Pirat“ Raphaël Dinelli, der sich zu spät qualifiziert – überqueren die Startlinie, doch nur sechs davon schaffen es, das Rennen zu beenden, unter ihnen auch Catherine Chabaud, als erste Frau, in 140 Tagen!
Eingangs des Indischen Ozeans führt Christophe Auguin die Flotte vor Isabelle Autissier an, welche von der Route abweichen muss, um ein Ruderblatt zu reparieren. Yves Parlier bricht den Stag, bevor er mit einem Growler zusammenprallt und dabei ein Ruderblatt bricht. Im Südpolarmeer treffen die Einhandsegler auf infernalische Windbedingungen. Raphaël Dinelli kentert und wird in extremis vom Briten Pete Goss gerettet.
Nur einige Stunden später und kurz hintereinander ereilen Thierry Dubois und der Engländer Tony Bullimore das gleiche Schicksal. Sie werden glücklicherweise von den australischen Seerettungskräften gerettet. Weniger gut geht es für den Kanadier Gerry Roufs aus. Wrackteile seines Schiffs werden Monate später entlang der Küste Chiles gefunden, doch er bleibt verschollen.
Klassement der Auflage 1996 – 1997
- Christophe Auguin (Fra, Geodis) : 105T 20S 31’
- Marc Thiercelin (Fra, Crédit Immobilier de France) : 113T 8S 26’
- Hervé Laurent (Fra, Groupe LG-Traitmat) : 114T 16S 43’
2000 – 2001
Dominique Wavre gehört zum ersten Mal zu den Startern zu dieser Auflage des Rennens, welches schliesslich von Michel Desjoyeaux vor Ellen Mac Arthur gewonnen wird.
Im November 2000 stecken den Seglern und Zuschauern in Sables d’Olonne noch immer Erinnerungen an das vorgängig dramatische und schicksalhafte Rennen in den Knochen. In der Folge haben Schiffsarchitekten und Segler die Einrumpfboote stabiler und damit sicherer konstruiert, damit diese allen Seeund Wetterbedingungen der Weltmeere standhalten können.
Das Abenteuer wird zu einem globalen Rennen. Der Sieger gewinnt in beeindruckenden 93 Tagen und 4 Stunden und pulverisiert damit den vier Jahre zuvor aufgestellten Rekord von Christophe Auguin. Doch in Erinnerung bleibt das Abenteuer von Yves Parlier. Nach einem Mastbruch wirft er Anker in Neuseeland und repariert sein Rigg notdürftig mit den an Bord vorhandenen technischen Hilfsmitteln und ohne Hilfe in Anspruch nehmen zu müssen. Dabei ernährt er sich von Muscheln.
Ellen Mac Arthur gelingt derweil mit ihrem zweiten Platz ein historischer Exploit. Dominique Wavre wird zum ersten Schweizer, der eine Einhandweltumsegelung ohne Zwischenstopps erfolgreich absolviert. Er erreicht den exzellenten fünften Platz.
Klassement der Auflage 2000 – 2001
- Michel Desjoyeaux (Fra, PRB) : 93T 3S 57’ 32’’
- Ellen Mac Arthur (G.B, Kingfisher) : 94T 4S 25’ 40’’
- Roland Jourdain (Fra, Sill Matines La potagère) : 96T 1S 2’ 33’’
- Marc Thiercelin (Fra, Active Wear) : 102T 20S 37’ 49’’
- Dominique Wavre (Sui, Union bancaire Privée) : 105T 2S 45’ 12’’
2004 – 2005
Die Segler prügeln aus ihren Booten unglaubliche Geschwindigkeiten heraus, und der Faktor Zeit wird nicht mehr langfristig kalkuliert. Es gilt, bereits beim Startschuss in Pole-Position zu sein. Sieger Vincent Riou kann während des Rennens nicht ein einziges Mal durchatmen, folgt ihm doch sein direkter Konkurrent Jean Le Cam im Kielwasser. Nach rund 87 Tagen auf hoher See trennen die beiden Männer nur gerade einmal sieben Stunden voneinander. Riou stellt einen neuen Rekord auf und nimmt dem bestehenden Rekordhalter glatt sechs Tage ab, segelte er doch die 26’714 Seemeilen mit einer Durchschnittsgeschwindigkeit von 12,73 Knoten…
Der Drittplatzierte des Rennens, der Engländer Mike Golding, verliert entlang der Küste Spaniens seinen Kiel und überquert die Ziellinie unter Mobilisierung seiner letzten Kräfte, indem er nur auf einem Bug segelte. Er nimmt Dominique Wavre vier Tage ab. Mit dem vierten Platz erreicht Letzterer seine beste Platzierung an einer Vendée Globe.
Klassement der Auflage 2004 – 2005
- Vincent Riou (Fra, PRB) : 87T 10S 47’
- Jean Le Cam (Fra, Bonduelle) : 87T 17S 20’
- Mike Golding (GB., Ecover 2) : 88T 15S 15’
- Dominique Wavre (Sui, Temenos): 92T 17S 13’
2008 – 2009
Als Fünfter im Jahr 2001 und als Vierter im Jahr 2005 gehört Dominique Wavre zu den Favoriten. Zudem verfügt er über ein neues Boot, welches erst kurz zuvor in Neuseeland gebaut worden war. Wie schon zuvor so oft der Fall, bringt bereits der Start seine ersten Überraschungen: Bernard Stamm, Dominique Wavre und Michel Desjoyeaux sind gezwungen, nach Sables d’Olonne zurückzukehren, um diverse Havarien zu beheben und dann erneut in See zu stechen. Mit einem Rückstand von 41 Stunden drückt Desjoyeaux aufs Gas und überholt mit einer unvorstellbaren Geschwindigkeit einen Konkurrenten nach dem anderen. Dominique Wavre derweil befindet sich auf verlorenem Posten. Erleidet er doch eine Havarie, die zu jener Zeit häufig vorkommt und kein gutes Ende verheisst: sein Kielkopf bricht, das heisst im Klartext, der Kiel ist nicht mehr fix am Segelschiff befestigt, und droht bei jeder grösseren Welle weg zu brechen. In extremis erreicht Wavre die Kerguelen, wo er auf seinen Landsmann Stamm trifft. Im Unterschied zu Letzterem gelingt es ihm, sein Schiff zu retten, doch das Rennen ist auch für ihn gelaufen. Die Auflage 2008 – 2009 ist geprägt von spektakulären Rettungsaktionen, so zum Beispiel jene von Jean Le Cam, der vor Kap Horn kentert oder jene von Yann Eliès, der sich inmitten des Indischen Ozeans den Oberschenkel bricht. Desjoyeaux segelt derweil sein unglaubliches Rennen weiter und erreicht mit einem sagenhaften Vorsprung von fünf Tagen auf seinen Verfolger Armel Le Cléach das Ziel. Mit 84 Tagen auf See ist erneut ein neuer Rekord aufgestellt.
Klassement der Auflage 2008 – 2009
- Michel Desjoyeaux (Fra, Foncia) : 84T 03S 09’
- Armel Le Cléac’h (Fra, Brit Air) : 89T 09S 35’
- Marc Guillemot (Fra, Safran) : 95T 03S 19’ et Vincent Riou (Fra, PRB), réparation donnée